Hydraulischer Abgleich - Was bedeutet das konkret?

Der hydraulische Abgleich von Heizungsanlagen ist grundsätzlich Stand und allgemein anerkannte Regel der Technik im Heizungsbau. Dennoch gibt es unzählige Anlagen, die nicht optimiert sind. Die Gründe sind vielfältig: einerseits weil man vor Jahren noch nicht wie heute über voreinstellbare Thermostatventile verfügte oder das Thema vernachlässigt hat oder nach Um- und Anbauten nicht mehr nachjustiert wurde.

Jetzt macht die Bundesregierung den hydraulischen Abgleich von Heizungsanlagen jedoch zur Pflicht bei Gasheizungen in der unaussprechlichen Verordnung „EnSimiMa V" - Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen. Neben den tatsächlich vorhandenen Notfallplänen für einen Gasmangel auf Grund des „völkerrechtswidrigen Angriff

Russlands auf die Ukraine" - so heißt es in der Verordnung – sollen bestehende Heizungsanlagen ab Oktober 2022 bis spätestens Oktober 2024 so optimiert werden, dass der Erdgasverbrauch für die Gebäudeheizung gesenkt wird. In der Verordnung wird explizit der Fachbegriff des hydraulischen Abgleichs und die Optimierung der Heizkurve genannt. Aber: Was ist darunter zu verstehen? Wer führt es aus? Und: Mit welchen Kosten ist zu rechnen? Für das Verständnis sind die Grundlagen der Pumpenheizungstechnik erforderlich, die im Folgenden erklärt werden.

Was ist die Heizlast?

Ein auf eine Raumtemperatur von 20° C zu beheizender Raum

Hat eine gewisse Heizlast. Die Heizlast ist die erforderliche Wärmeleistung

in Watt, die benötigt wird, um bei der Normaußentemperatur (vom Ort abhängig) den Raum zu beheizen. In Frankfurt liegen wir je nach Gebäudetyp bei -10° C für die

Berechnung. Um diese Heizlast zu decken, kommen ein oder mehrere Heizkörper in den Raum, die von ihrer Leistungsfähigkeit die berechnete Heizlast decken müssen.

Beispiel: Ein Raum hat eine Heizlast von 750 Watt dann muss der Heizkörper mindestens 750 Watt erbringen. Jetzt ist es in Frankfurt Zum Glück selten bis nie -10° C, daher ist die Wärmeleistung bei wärmeren Außentemperaturen entsprechend geringer.

Wie funktioniert ein Heizkörper?

Ein Heizkörper hat einen Vor- und Rücklaufanschluss. Durch den

Vorlauf kommt Heizungswasser wann an und über den Rücklauf

geht es abgekühlt in die Anlage zurück. Damit dieser Kreislauf aufrecht

erhalten wird, sind Heizkreispumpen im Einsatz. Die Abkühlung

des Heizungswassers kommt dadurch zu Stande, dass der Heizkörper Wärme an den Raum abgibt. Hier ist entscheidend, wie der Heizkörper ausgelegt ist, da die Vor- und Rücklauftemperaturen für die Wärmeabgabe des Heizkörpers verantwortlich sind. Das ist insofern logisch: Umso heißer die Oberfläche des Heizkörpers,

ist, umso Leistung hat er. Man kann also nicht anhand der Heizkörpergröße allein die Leistung bestimmen, es gehört immer die Auslegungstemperatur dazu.

Beispiel: Ein Flachheizkörper mit einer Bauhöhe von 500 mm, einer Baulänge von 1.000 mm und einer Tiefe von 100 mm hat bei 70/50° C 750 Watt Leistung; bei 55/45° C jedoch nur noch 500 Watt Leistung. Natürlich muss der Heizkörper mit der niedrigeren Temperatur größer sein, damit er die gleiche Wärmemenge abgeben kann. Er hat dann bei gleicher Bauhöhe und Tiefe eine Länge von 1.500 mm.

Neben der tatsächlichen Temperatur am Vorlauf ist auch die Wassermenge, die durch den Heizkörper fliest, wichtig. So ergibt sich bei 70/50 eine Temperaturdifferenz von 20 Kelvin und bei einer Differenz von 55/45 nur 10 Kelvin.

Die Wassermengen werden berechnet über die Formel - Q = m x c x (tv-tr), wobei Q die Wärme, z.B. 750 Watt, m der Massenstrom durch den Heizkörper, c die Spezifische Wärmekapizität des Wassers und tv und tr die Vorlauf- und Rücklauftemperatur darstellen. Durch Umstellen der Formel kommt man auf den

Massenstrom bzw. den Volumenstrom: m = 750/Watt / 1,16 Wh/kg K x 20 K = 32 kg/h (rund 321/h)

Bei einer Temperaturdifferenz von 10 K reduziert sich die Wassermenge

Auf m = 750/Watt / 1,16 Wh/kg Kx 10 K = 32 kg/h (rund 16 l/h)

Das erste Ziel beim hydraulischen Abgleich ist es, am Thermostatventil

genau diese Wassermengen einzustellen.

Was ist die Heizkurve?

Das zweite Ziel beim hydraulischen Abgleich ist die richtige Heizkurve, also die richtige Heizkreistemperatur anhand der Heizkörper auszulegen.

Die Heizkurve wird am Wärmeerzeuger, also dem Kessel oder der Wärmepumpe, eingestellt. Die Heizkurve gibt die Vorlauftemperatur in Abhängigkeit der Außentemperatur vor.

Wenn der Heizkörper mit 70° C ausgelegt ist, dann muss die Anlage bei -10° C 70° C im Vorlauf erreichen; wenn er mit 55° C ausgelegt ist, dann nur 55° C. Wie bereits eingangs gesagt, haben wir fast nie-10° C. Daher kann entlang der Heizkurve bei +5° C die Vorlauftemperatur nur 50° C bedeuten.

AUFWAND HYDRAULISCHER ABGLEICH

Wie man an der Beschreibung sieht, sind eine Aufnahme der tatsächlich installierten Heizkörper und eine Berechnung der Heizlast als erster Schritt erforderlich. Mit entsprechender Software werden die Ventileinstellungen und die optimale Heizkurve berechnet.

In der Praxis kann es sein, dass die Thermostatventile erneuert werden müssen, damit sie einstellbar sind. Auch kann es sein, dass einige Heizkörper erneuert werden müssen, um eine optimale Heizkurve einstellen zu können.

Wenn das alles passiert ist und die Heizkörperventile eingestellt sind, kann es wiederum vorkommen, dass bei Anlagen im Bestand Ablagerungen ins Ventil eingespült werden und dann die Einstellung wieder zurückgenommen werden muss, weildurch die Drosselung nichts mehr im Heizkörper ankommt. Dennoch bringt dieser Abgleich Gasersparnis bei gleichem Komfort. Stellen Sie sich vor, Sie pumpen 128 Liter statt 32 Liter pro Stunde und bei einer Temperatur von 65° C statt von 50° C. Dann wird klar, dass hier Potential in der richtigen Einstellung liegt. Man geht bei Anlagen im Bestand von einer Ersparnis von 10- 15% aus, ohne dass der Wärmeerzeuger erneuert wird.

Warum funktionieren manche Heizungsanlagen, ohne dasssie hydraulisch eingestellt sind?

Sie funktionieren, weil die Thermostatventile öffnen und automatisch

bei zu viel Wärmeabgabe schließen. Eine große Temperaturdifferenz

bedeutet eine kleinere Umlaufwassermenge und daher langsameres Aufheizen. Kleine Temperaturdifferenzen mit großer Umlaufwassermenge bedeutet schnelles Aufheizen - ein Problem bei jeden hydraulischen Abgleich im Bestand. Dabei haben die Ventile eine Regelabweichung von plus minus 2 Kelvin, sie fahren also ständig zwischen 19° C und 23' C hin und her, um im Mittel 20' C zu erreichen. Solange alle Heizkörper warm werden, fällt es dem Verbraucher nicht auf, ob der Heizkörper 400% bekommt. Nur wenn der Heizkörper

nicht warm wird oder Geräusche verursacht, kommen die Beschwerden. Die Zusammenhänge sind hier vereinfacht dargestellt - es kommt natürlich auch auf die Ventileinstellung auf dem Thermostatventil an: Bei einer Skala von 1 bis 5 entspräche 3" etwa 20°C Raumtemperatur und „3,5" etwa 21 °C Raumtemperatur.

Was ist unter Verfahren A und B beim hydraulischen Abgleichzu verstehen?

Das Verfahren A ist ein vereinfachtes Verfahren, welches mit einer App den Volumenstrom am Heizkörper über dessen Größe bestimmt, wobei der Heizungsbauer hier einen Standard von 70/50 oder 55/45 annimmt. Das kann nur dann funktionieren, wenn der Heizkörper richtig berechnet wurde. Sonst stimmt die Einstellung nicht.

Das Verfahren B setzt voraus, dass die Heizlast berechnet und dann in der Software die optimale Einstellung gefunden wird. Diese wird jetzt durch die neue Verordnung erwartet.

Was sind die Kosten bei einer Zentralheizung mit 10 Wohnungen?

Wir gehen davon aus, dass pro Wohnung 6 Heizkörper vorhandensind.

Berechnung der Heizlast: Voraussetzung sind Pläne. Wenn keine Pläne vorhanden sind, müssen diese grob erstellt werden, damit man eine Berechnungsgrundlage hat. Kosten netto: 900 €. Aufnahme der Heizkörper in einen Plan. Zugang zu den Wohnungen muss gewährleistet sein. Kosten: rund 500 €

Bearbeitung an der Software, Kosten: 600 € Vorplanung: rund 2.000 € + MwSt.

Dann: Je nach Ergebnis Austausch aller Ventile und neue Einstellung pro Heizkörper 120 €. Das sind 60 x 120 = 7.200 Euro. Die Einstellung der Heizkurve ist darin enthalten. Summe 7.200 Euro + 2.000 Euro = 9.200 €+ MwSt. =10.948,00 €

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PETER PAUL THOMA I DIPLOM-INGENIEUR VDI

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